Pressemitteilung – 23.05.23:
„Ein Leben gegen Faschismus, Unterdrückung und Krieg“
Am Sonntag 04. Juni kommen die beiden Filmemacher:innen Petra Gerschner und Michael Backmund nach Rosenheim. Im Rahmen eines Open Air Kinos in der Innstraße stellen sie den Film „es kann legitim sein, was nicht legal ist. martin löwenberg – ein leben gegen faschismus, unterdrückung und krieg“ vor.
Fast zwei Jahrzehnte lang begleiteten die beiden Filmemacher:innen den 2018 verstorbenen Widerstandskämpfer und KZ-Überlebenden Martin Löwenberg mit der Kamera und suchten im Gespräch mit ihm und dem gemeinsamen Freund Konstantin Wecker nach Antworten auf die Fragen: Woher nahm dieser Mann in seinem Alter das Verständnis für die praktische Tat, das Handeln, die jugendliche Ungeduld? Woher kommen seine Kraft und sein Mut? Wie entstand seine Unbeugsamkeit gegenüber staatlicher Willkür und Autoritäten?
Als Jugendboxer trainierte Martin Löwenberg im Breslauer Postsportverein Stephan und verprügelte in der Freizeit mit seinen Freunden mehrfach den Streifendienst der Hitlerjugend. Sie wehrten sich gegen die zunehmende Repression und Verfolgung unangepasster Jugendlicher. Später arbeitete er mit seinem älteren Bruder Fred in einem organisierten Widerstandsnetzwerk und unterstützte osteuropäische Zwangsarbeiter mit Brotmarken und Informationen über den Kriegsverlauf. Im Mai 1944 nahm ihn die Gestapo fest. Nach tagelangen Verhören wurde er ins KZ Flossenbürg deportiert. In den KZ-Außenlagern Thil und Leitmeritz musste Martin Löwenberg bis zu seiner Befreiung selbst Zwangsarbeit in unterirdischen Stollen leisten. Historische Foto- und Filmdokumente zu seinen Erzählungen werden dabei mit den Aufnahmen der aktuellen Topografie dieser Handlungsorte konfrontiert.
Mit der Biografie Martin Löwenbergs schlägt der Film einen Bogen über hundert Jahre Zeitgeschichte. Er dokumentiert auch das politische Engagement von Löwenberg nach 1945 gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik, seine Verfolgung als Kommunist genauso wie seine Unterstützung von Roma:nja-Flüchtlingen in der KZ-Gedenkstätte Dachau, die Verhinderung von Naziaufmärschen oder seinen Kampf für die Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeiter:innen. Durch die Recherchen in deutschen und polnischen Archiven ist es gelungen, bisher unbekanntes Filmmaterial zu finden, das den Protagonisten bei historischen Ereignissen in Aktion zeigt wie z.B. bei der Beerdigung von Philipp Müller 1952, dem ersten von der Polizei erschossenen Demonstranten der jungen Bundesrepublik.
Diese subjektive Protestgeschichte wird verknüpft mit Interviews und historischen Bildmaterialien (Fotos und Filme von 1909 bis 2011) aus Wroclaw, früher Breslau, Dachau, Flossenbürg, Essen und München zu einer filmischen Zeitreise über hundert Jahre. Martin Löwenberg spricht von seinen Visionen damals nach der Befreiung aus dem KZ und 65 Jahre später. Er entwickelt im Film eine besondere Form der Reflektion von Geschichte; dabei verschränken sich die Ebenen von Zeit und Inhalt in Erzählsträngen, die die Vergangenheit in der Gegenwart präsent werden lassen.
Ein Filmgespräch mit den beiden Filmemacher:innen eröffnet um 20:30 Uhr den von der Geschichtswerkstatt Rosenheim in Kooperation mit dem VVN – BdA und dem Kurt-Eisner-Verein / Rosa Luxemburg Stiftung Bayern organisierten Abend. Mit Einbruch der Dunkelheit (ca. 21:30) Uhr wird dann der Dokumentarfilm als OpenAir Kino im Innenhof der Rosenheimer Innstr. 45a gezeigt. Bei schlechtem Wetter findet die Filmvorführung im linken Zentrum Z statt. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Veranstaltungsreihe: